Artikel veröffentlicht: 09.09.2011, 06:49 Uhr
Die Keule, die nur antisemitisch wirkt
Ist es nicht fragwürdig, dass aufrichtige Bürgerinnen und Bürger, unter ihnen viele Christen, die seinerzeit am Kampf gegen das südafrikanische, rassistische Apartheidregime beteiligt waren, sich nicht öffentlich dagegen wehren, von Feinden Israels instrumentalisiert zu werden? Die nicht nur publizistische, sondern wirklich geglaubte Gleichsetzung von Israel als "zionistischem Apartheidstaat" mit dem südafrikanischen Regime jener Zeit ist weit - weltweit - verbreitet. Warum distanzieren sich die ehemals gegen das südafrikanische Regime Aktiven nicht gegen diese juden- und israelfeindliche Indienstnahme? Die allerorten gepredigte Zivilcourage würde das Problem nicht aus der Welt schaffen, wäre aber hilfreich - nicht nur bezüglich Israel, auch im historischen Rückblick.
Karl H. Klein-Rusteberg
JÜDISCHE ALLGEMEINE
http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/11213
Apartheid-Keule
Südafrika: Israelische Linke versuchen, Studenten am Kap davon zu überzeugen, dass ihr Land nicht rassistisch ist
08.09.2011 – Von Janis Just
Herzlich war die Begrüßung nicht, als die Gruppe israelischer Studenten kürzlich den Hörsaal der Universität Kapstadt betrat und ihr Transparent mit der Aufschrift »Building bridges, not boycotts« anbrachte. Das Wissen darum, dass sie an den Universitäten Südafrikas nicht willkommen sind, war der Grund der unabhängigen Initiative »What Is Rael«, im August dorthin zu reisen.
Die 22-köpfige Delegation israelischer Studenten wollte an den großen Universitäten des Landes, von Johannesburg bis Kapstadt, mit ihren Kommilitonen in einen Dialog treten. Seit Jahren bezeichnen südafrikanische Studentenorganisationen Israel immer wieder als »Apartheidstaat«.
Proteste begleiteten die mehrheitlich linken Israelis so denn auch durchgehend auf ihrer zweiwöchigen Reise durch das Land am Kap. Schon am Flughafen wurde die Gruppe mit Bannern empfangen, auf denen zu lesen war: »Apartheid Is Real. Israelische Studenten fördern die Apartheid«.
FLUGBLÄTTER Organisiert hatten die politische Mobilmachung vor allem die beiden größten und einflussreichsten Studentenvertretungen Südafrikas sowie die palästinensische Studentenvereinigung und die südafrikanische Sektion des internationalen Netzwerks »Boycott, Divest, Sanctions« (BDS). Allein an der Universität von Johannesburg, der ersten Station der Israelis, verteilte das Bündnis 30.000 Flugblätter gegen die Reisegruppe. In dem Protestschreiben nennen die antizionistischen Aktivisten den Campus eine »von Apartheid befreite Zone«. Im Weiteren liest sich das Pamphlet als projektive Vergangenheitsbewältigung: »Wir haben in der Apartheid gelebt, wir wissen, was das ist. Wir erkennen Apartheid, wenn wir sie sehen. Und wenn wir uns Israel anschauen, sehen wir ein Regime, dass Apartheid praktiziert.«
Der letzte öffentliche und als Dialog angekündigte Auftritt der israelischen Studenten fand in einem dicht gedrängten Hörsaal der Uni Kapstadt statt. Gastgeber war die Südafrikanische Union jüdischer Studenten, deren Vorsitzende Stephanie Hodes Südafrikas wichtige Rolle bei einer friedlichen Lösung des Nahost-Konflikts hervorhob: »Wir denken, dass wir als Südafrikaner den Israelis und Palästinensern unsere eigenen Lehren der notwendigen Versöhnung vermitteln können.«
Schon während sich die sechs auf dem Podium sitzenden Israelis kurz vorstellten, gab es erste Verbalattacken und Beschimpfungen aus dem Publikum. Das bestand zum überwiegenden Teil aus mindestens 300 Aktivisten pro-palästinensischer Gesinnung.
Auf die Antworten der vom Publikum gestellten Fragen reagierte die Mehrheit der Anwesenden mit Zwischenrufen und Sprechchören wie »Stop Apartheid, Israel!« oder »Schluss mit der Besatzung!«, sodass die Veranstaltung nach wenigen Fragerunden von den israelischen Studenten abgebrochen werden musste.
Roi Wolf, Sprecher von »What Is Rael«, hatte sich die Zeit in Südafrika »konstruktiver« vorgestellt. Es sei den Israelis kaum möglich gewesen, ihre Meinung zu äußern. Bewusst hätten sie alle Formen einer möglichen Provokation vermeiden und sich kritischen Fragen stellen wollen. Es sei ihnen darum gegangen, den Studenten und Professoren die schlichte Tatsache zu vermitteln, dass die israelische Gesellschaft mit Südafrika vor 1994, der Zeit der staatlich organisierten Rassentrennung, nichts zu tun hat. Denn in Israel können öffentliche Einrichtungen von Arabern, Juden oder wem auch immer gleichermaßen genutzt werden.
ANFEINDUNGEN Dass es trotz der vielen Anfeindungen und Versuche, die Veranstaltungen unmöglich zu machen, doch vereinzelt Menschen gab, die zuhören oder sich austauschen wollten, ist für Wolf ein Zeichen dafür, dass sich die Tour gelohnt hat.
Das nächste Reiseland seiner Initiative steht bereits fest. Ende des Jahres wird die Gruppe an englischen Universitäten die Dialogbereitschaft der dortigen Studenten testen.
Diese Seite wurde ausgedruckt von der Webseite der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Essen e.V.
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