"IM GEHEN ENTSTEHT DER WEG"

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Artikel veröffentlicht: 11.03.2015, 16:27 Uhr

Wir danken Prof. Wengst für die Zustimmung zur Veröffentlichung seines Vortrags vom 9. März 2015. Alle Rechte beim Autor. -kr-

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Klaus Wengst
„Im Gehen entsteht der Weg“
Der Humanität den Weg bahnen in der Spannung von Partikularität und Universalität

Vortrag zur „Woche der Brüderlichkeit“ in der Alten Synagoge Essen am 9. März 2015
 

Einleitung: Wie sich ein Weg eröffnet
In der biblischen Erzählung von der Rettung Israels am Schilfmeer heißt es zunächst, dass die Israeliten am Meer lagerten und dass sie dann sahen, wie die übermächtige ägyptische Streit-macht herannahte. In dieser schier ausweglosen Situation schreien sie, heißt es weiter, zu Gott und machen Mose heftige Vorwürfe, dass er sie überhaupt aus Ägypten herausgeführt hat: „Es wäre besser für uns gewesen, den Ägyptern zu dienen als in der Wüste zu sterben“ (2. Mose 14,12). Der Midrasch gestaltet das erzählerisch weiter aus und setzt dabei neue Akzen-te. Da fragt nach einem Rabbi Gott Mose: „Was schreist du zu mir?“ Das wird etwas weiter von Rabbi Elieser so aufgenommen: „Der Heilige, gesegnet er, sprach zu Mose: ‚Es gibt eine Zeit, das Gebet kurz, und es gibt eine Zeit, das Gebet lang zu machen. Meine Kinder sind in Angst und Not, das Meer versperrt, der Feind verfolgt – aber du stehst da und betest viel. Sage den Israeliten, dass sie aufbrechen sollen.‘“ Rabbi Jehoschua führt das so fort: „Der Heilige, gesegnet er, sprach zu Mose: ‚Für Israel gibt es nichts sonst zu tun als aufzubrechen; sie sollen aufbrechen und ihre Füße vom Trockenen ins Meer setzen – und du siehst Wunder, die ich für sie tun werde.‘“ Etwas weiter wird in diesem Midrasch die Verheißung Gottes aus 2. Mose 14,16 zitiert: „Und die Israeliten werden mitten im Meer aufs Trockene kommen“, woran so angeknüpft wird: „Wenn im Meer, wieso aufs Trockene? Und wenn aufs Trockene, wieso mitten im Meer? Von da lernst du vielmehr, dass für sie das Meer nicht eher auseinan-der gerissen wurde, als bis sie mitten in es hineingegangen waren bis zu ihrer Nase. Erst dann wurde es für sie trocken gemacht“ (ShemR 21,8.10; Wilna 41c.d). Manchmal muss man wohl einfach nur losgehen; ein Weg wird sich schon finden.

 

1. Der erste Schritt: geschichtliche Verantwortung übernehmen und dann unterwegs mit dem anderen ein Stück weit vergessen können, wer man ist
Als auf Veranlassung der amerikanischen Besatzungsmacht im Nachkriegsdeutschland die ersten Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit gegründet wurden, hatte es nur wenige Jahre zuvor für eine numerisch zwar ungefähr benennbare, aber dann konkret doch nur unvorstellbare Zahl von jüdischen Männern, Frauen und Kindern in Europa keine Rettung gegeben, sondern den Weg in den Tod durch den von Deutschland organisierten und durchgeführten Massenmord, durch ein seit Jahrhunderten christianisiertes Land. Von daher ist es folgerichtig, dass die ersten beiden Sätze der Präambel der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit an diese Gründungszeit und ihre Vorbedingungen erinnern. Sie sprechen dabei – und das kann nur im Blick auf die christliche Seite verstanden werden – von „Schuld und Verantwortung“. Die an der Schuld unmittelbar und mittelbar Beteiligten sind fast alle nicht mehr da. Die Nachgeborenen haben keine Schuld. Aber sie stehen, wir stehen in geschichtlicher Verantwortung. Und zu dieser Verantwortung gehört es, die geschichtliche Schuld so zu tragen, dass sie nicht verdrängt und vergessen, sondern erinnert wird. Im vorigen Jahr war es nach meiner Wahrnehmung das erste Mal, dass der 9. November 1989 in der öf-fentlichen Erinnerung den 9. November 1938 zwar nicht völlig verdrängt, aber doch weitge-hend überdeckt hat. Es wird unsere Aufgabe sein, dass das einmalig der Jubiläumszahl 25 geschuldet war und nicht auf Dauer gestellt wird. Das Erinnern bleibt dauernde Verpflichtung um der Würde der Opfer willen. Diejenigen, die Menschen massenhaft zu Nummern machten und auslöschten, dürfen nicht auch noch darin triumphieren, dass von ihren Opfern niemand mehr etwas weiß und allenfalls eine seelenlose Zahl haften bleibt. Nein, sie müssen ihre Na-men wieder bekommen und ihre Geschichten müssen erzählt werden. Und dafür braucht es öffentliche Orte und Daten. Der 9. November und die Woche der Brüderlichkeit sind solche Daten.

 

Dass in der Gründungszeit der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit sich Jüdinnen und Juden bereitfanden mitzuarbeiten, muss als ein Wunder bezeichnet werden. Ohne sie wäre in diesem Bereich kein Weg entstanden. Ohne sie hätte es keine christliche Neubesinnung gegeben, deren Notwendigkeit angesichts des Geschehenen so dringlich, aber doch den meisten Menschen in den Kirchen noch verborgen war. Im diesjährigen Themenheft der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit wird ein Satz von Papst Franziskus aus seiner Ansprache an Vertreter der jüdischen Gemeinde Roms vom letzten Herbst zitiert: „Ohne eine wirkliche und konkrete Kultur der Begegnung, die authentische Beziehungen schafft, ohne Vorurteile und Verdächtigungen, würde ein intellektuelles Bemühen wenig nut-zen.“ Es gilt ganz elementar: Will eine Gemeinschaft ein gutes Lebensverhältnis zu einer anderen Gemeinschaft gewinnen und gestalten – und besonders dann, wenn es in der Vergangenheit so gut wie ausschließlich „Vergegnungen“ gab –, geht das nicht im Verharren bei sich selbst, geht das nicht im noch so angestrengten Bedenken der eigenen Position und der bloß theoretischen Wahrnahme der anderen. Dazu bedarf es persönlicher Begegnungen. Es muss ein Ort gefunden werden, an dem es zur Begegnung kommt, an dem man den anderen so kennenlernt, dass die eigenen Projektionen auf ihn sich verflüchtigen. Wenn es dabei gar zu ge-meinsamem Lernen kommt, kann auch ein Stück gemeinsamer Weg entstehen. Vor allem aber sind von solchen Begegnungen her – und dazu kann ich jetzt als Christ nur für die christliche Seite sprechen – neue Wege im eigenen Bereich gegangen worden und weiter zu gehen.
 

Ein wirkliches Gespräch – nicht eine Diskussion, in der ich Recht behalten oder bekommen will – setzt die selbstverständliche Anerkenntnis und Bejahung des anderen als anderen voraus. In diesem Zusammenhang war mir eine Passage in dem Buch von Barbara Hahn „Die Jüdin Pallas Athene“ besonders erhellend und ist mir wichtig geworden. Sie beschreibt dort in einer Darstellung über Gespräche im Hause Simmel „das Wagnis jedes Gesprächs“ in folgen-der Weise: „Alle Beteiligten sind gemeinsam zu einer ‚Wahrheit‘ unterwegs, die ebenso wenig fixiert werden kann wie der Beitrag, den jede und jeder dazu leistet. Das kann nur gelingen, wenn alle auf diesem Weg ein Stück weit vergessen können, wer sie sind.“ Ich möchte das so aufnehmen und fortsetzen: Ja, „ein Stück weit vergessen können, wer wir sind“, aber wahr-nehmen, wer der andere ist: im Hören auf das, was ihn bindet, was er zu sagen hat. Die gegenseitige Wahr-Nahme wird zur Bedingung der Möglichkeit, ein Stück weit zu vergessen, wer ich bin; und damit bin ich befreit vom Zwang, mich abzuschotten und zu verteidigen, sondern kann mich vielmehr wirklich öffnen, weil meine Identität geborgen und aufgehoben ist in der Wahr-Nahme des anderen. Das wäre auch nicht nur die Bedingung dafür, „ohne Angst verschieden sein“ zu können, was Adorno „als den besseren Zustand (zu) denken“ an-gestrebt hatte. Es wäre vor allem auch, was vielleicht noch wichtiger ist, die Bedingung dafür, sich ohne Angst ändern zu können, weil die Veränderung, die doch immer auch notwendig ist, nicht als von außen erzwungen, sondern als sich im Vollzug des Gesprächs ergebend und so als selbst gewollt und innerlich bejaht erfahren wird.
 

2. Die Achtung der jüdischen Partikularität als Bedingung
auf dem Weg zu universaler Humanität

Michael Wolffsohn hat in einem Artikel in der „Welt“ vom 21. Januar dieses Jahres treffend gefolgert: „Wenn und wo Juden bedroht sind, ist die offene, freiheitliche Gesellschaft be-droht.“ In der Tat: Das war und das ist ja immer wieder zu beobachten, dass sich Aggressio-nen gegen andere außerordentlich häufig zuerst gegen Juden richteten und richten. Und es ist gewiss auch zutreffend, das sich das nicht isoliert gegen Juden als Juden richtet – das gewiss auch –, sondern zugleich Ausdruck des Unbehagens an einer offenen Gesellschaft ist, des Aufgestörtseins durch sie, Ausdruck der Vorliebe für eine „geschlossene Gesellschaft“, in der sich Stumpfsinn und Dumpfsinn behaglich einrichten können.

 

Aber reicht es aus, wenn Wolffsohn unmittelbar anschließend fortfährt: „Die Juden sind nur ein Zeichen für die Dauergefahr, in der sich die offene Gesellschaft befindet.“ Sind sie wirklich „nur ein Zeichen“? Ich meine, das „Nur“ wäre zu streichen. Sie sind, wenn sie be-droht werden, gewiss ein Zeichen für eine weitergehende Bedrohung, ja geradezu ein Seis-mograph, der, wenn er ausschlägt, bei allen, denen an einer offenen Gesellschaft liegt, die Alarmglocken schrillen lassen müsste. Aber man muss weiter fragen, warum gerade Juden zu diesem Zeichen, diesem Seismographen werden. Warum trifft es sie zuerst?
 

Ich gebe meine Antwort thetisch vorweg: Juden stehen für das Recht des Partikularen, des anderen und Andersartigen, das Recht jeder und jedes Einzelnen in ihrer und seiner Be-sonderheit. Von daher ist es alles andere als ein Zufall, dass sich die Aggression gegen Juden in ihrem schlimmsten Exzess als Völkermord durch Nazideutschland vollzog, als ein ganzes Volk „gleichgeschaltet“ werden sollte und auch weitgehend „gleichgeschaltet“ worden ist und dieses Volk sich zum großen Teil auch willig „gleichschalten“ ließ.
 

Schon in der Antike wurden Juden als „die anderen“ wahrgenommen. Durch die Eroberungen Alexanders des Großen und in seiner Nachfolge breiteten sich griechische Sprache und griechische Kultur aus und wurden dominant. Damit einher ging eine vereinheitlichende Tendenz. Zu ihrer Durchsetzung wurde manchmal auch massiver staatlicher Druck ausgeübt. Demgegenüber hielt das Judentum in seiner Mehrheit an der Verehrung des in seinen heiligen Schriften bezeugten einen Gottes und an seiner in ihnen gebotenen besonderen Lebensweise wie dem Halten des Schabbat und von Speise- und Reinheitsvorschriften fest. Dadurch fiel es als „anders“ auf. Das blieb auch so in dem den Hellenismus beerbenden römischen Imperium. Auch ohne eigenstaatliche Existenz und ohne den Tempel in Jerusalem als dem zuvor einzigen Kultort konnte das jüdische Volk seine Besonderheit erhalten und leben in der Bindung an die Tora und ihre Auslegung.
 

Diese Besonderheit ist grundgelegt in der biblischen Grundunterscheidung zwischen „dem Volk“, nämlich Israel, und „den Völkern“, allen anderen. „Das Volk“ ist Israel als Got-tes Volk. Es ist das nach dem biblischen Zeugnis, weil Gott mit ihm einen Bund geschlossen hat, angefangen mit Abraham, Isaak und Jakob. So gibt sich Gott als „der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs“ zu erkennen, als „Israels Gott“. Beide Bezeichnungen finden sich übrigens auch im Neuen Testament. Israel ist „das Volk“, weil es Gott gefallen hat, sozusagen in Israel zur Welt zu kommen, sich der Welt als Israels Gott bekannt zu machen. Er tut es im Zeugnis seines Volkes: „Ihr seid meine Zeugen, Spruch des Ewigen, und ich bin Gott“, heißt es Jesaja 43,12.
 

Die Rede von Israel als „Volk Gottes“ zielt also nicht auf ein elitäres Bewusstsein, sondern es geht um eine Beauftragung, Zeuge Gottes vor der Welt zu sein. Dass es nicht um die Ausbildung eines elitären Bewusstseins geht, zeigt sich etwa an einem Punkt am Anfang der Bibel und daran, wie damit in der rabbinischen Tradition umgegangen wird. In der jüdischen Bibel wird vor der besonderen Geschichte Israels von der Schöpfung der Welt und des Menschen und der Entstehung der Völkerwelt erzählt. Der erste Mensch ist kein Israelit. Er ist nichts sonst: nur Mensch – als Mann und Frau. Das hebräische Wort adam ist kein Name; es hat schlicht die Bedeutung „Mensch“.
 

In der rabbinischen Tradition wird die Frage gestellt, warum am Anfang nur ein einzelner Mensch erschaffen wurde. Sie wird u.a. so beantwortet: „Um des Friedens unter den Ge-schöpfen willen, damit kein Mensch zu seinem Mitmenschen sagen kann: ‚Mein Vater war größer als dein Vater.‘“ Etwas weiter im Text wird angegeben: „Und um die Größe des Heili-gen, gesegnet er, kundzutun: Wenn ein Mensch viele Münzen mit einigem einzigen Stempel prägt, sind sie alle gleich, eine wie die andere. Aber der König der Könige der Könige, der Heilige, gesegnet er, prägte jeden Menschen mit dem Stempel des ersten Menschen und kein einziger von ihnen gleicht seinem Mitmenschen. Deshalb ist jede und jeder Einzelne ver-pflichtet zu sagen: ‚Meinetwegen ist die Welt erschaffen worden‘“ (Mischna Sanhedrin 4,5). Hier kommen Universalität und Partikularität als notwendig aufeinander bezogene Pole zu-sammen. Sie kommen so zusammen, dass sie einen Raum für Humanität eröffnen. Partikulares, das sich als universal behauptet, wird anderes Partikulare vergewaltigen. Eine humane Universalität kann sich nur einstellen in der gegenseitigen Achtung alles Partikularen.
 

In der eben angeführten Tradition klingt implizit das Motiv der Ebenbildlichkeit Gottes des Menschen an. In einem anderen Zusammenhang spielt es ausdrücklich eine zentrale Rolle, wenn nach einer „großen Zusammenfassung in der Tora“, nach einer „Hauptregel in der Tora“ gefragt wird. Dabei geht es nicht darum, dass etwa die Zusammenfassung die Einzelgebote ersetzen sollte und sie also überflüssig machte. Vielmehr gibt die „Hauptregel“ sozusagen Richtung und Linie vor, in der die Einzelgebote zu verstehen und vor allem zu praktizieren sind. So heißt es an einer Stelle, an der sich Aussagen unterschiedlicher Rabbinen zusammengestellt finden: „Ben Asaj sagt (und zitiert dabei zunächst den Anfang von 1. Mose 5,1): ‚Dies ist das Buch der Generationen des Menschen – das ist eine große Zusammenfas-sung in der Tora.‘ Rabbi Akiva sagt (und zitiert zunächst 3. Mose 19,18): ‚Du sollst deinen Nächsten lieben dir gleich – das ist eine größere Zusammenfassung als jene, damit du nicht sagst: Weil ich verachtet werde, soll auch mein Mitmensch verachtet werden.‘ Rabbi Tanchuma sagte (und zitiert schließlich den letzten Satz von 1. Mose 5,1): ‚Wenn du so han-delst, dann sei dir im Klaren, wen du verachtest: In der Ähnlichkeit Gottes machte er ihn.‘“ Wenn Ben Asaj aus 1. Mose 5,1 zitiert: „Dies ist das Buch der Generationen des Menschen“ und das als eine zusammenfassende Hauptregel in der Tora erklärt, dann meint er nicht nur den zitierten Satz, sondern den ganzen Vers und dabei ist ihm am wichtigsten die Aussage von der Gottähnlichkeit des Menschen. Sie soll das Verhalten der Menschen zueinander be-gründen und bestimmen. Jeder Mensch hat den Mitmenschen in der Perspektive zu betrachten und zu behandeln, dass auch der und die andere Ebenbild Gottes ist. Wenn Rabbi Akiva 3. Mose 19,18 als größere Hauptregel anführt, das Gebot der Nächstenliebe, will er damit ausschließen, dass schlechtes Verhalten vonseiten des Mitmenschen das Verhalten ihm gegenüber bestimmt. Das „Wie du mir, so ich dir“ soll keine Chance haben. Das Votum von Rabbi Tanchuma lenkt auf die Hauptregel Ben Asajs zurück. Was Akiva will, ist dort schon einge-schlossen. Denn da der Mensch Ebenbild Gottes ist, träfe eine schlechte Behandlung des Mitmenschen, auch wenn sie als Revanche erfolgt, allemal Gott selbst. Bildet die Gotteben-bildlichkeit jedes Menschen die Hauptregel, kann die Frage, wer mein Nächster sei, gar nicht aufkommen; sie ist immer schon beantwortet.
 

Ich fasse diesen Teil so zusammen: Wo die jüdische Partikularität in ihrer Besonderheit geachtet, geschätzt und geschützt wird, ist der Weg gebahnt zu einer universalen Humanität, die niemanden ausschließt.
 

3. Schritte des Christentums zu einer humanen Religion
Die besondere Partikularität Israels, des Judentums, wert zu schätzen, genau das hat die im 2. Jahrhundert entstehende christliche Kirche gerade nicht getan – und auch nicht Jahrhunderte lang danach. Im Gegenteil: Sie hat Israel universalisiert. Sie hat es so getan, dass sie, die viele Völker umfasste, sich selbst als universal verstand und sich zugleich als „das wahre Israel“ behauptete, sich also an die Stelle Israels setzte. Das halte ich für den Sündenfall der Kirche. Er wirkte sich notwendig in Feindschaft gegenüber dem tatsächlichen Israel aus, dem außer-halb der Kirche weiter existierenden Judentum. Jüdinnen und Juden und ihre Synagogen wur-den die ersten Opfer der mächtig gewordenen Kirche und waren es im Verlauf der Kirchenge-schichte immer und immer wieder. Durch diese Usurpation, selbst das „wahre Israel“ zu sein, wurden in der Perspektive der Kirche die tatsächlich existierenden Jüdinnen und Juden zum „falschen Israel“, das es eigentlich gar nicht mehr geben durfte. In dieser über Jahrhunderte hin eingeübten und verinnerlichten Haltung sehe ich den tiefsten Grund dafür, dass es auch nach den Novemberpogromen von 1938 keinen weithin hörbaren christlichen Aufschrei gab. Für die Kirche wird daher die Wahrnehmung des Judentums als Israel zur Bedingung dafür, diese Geschichte nicht fortzusetzen. Anders gesagt: Ob Christentum eine humane Religion ist, entscheidet sich in erster Linie an seinem Verhältnis zum und im Verhalten gegenüber dem jüdischen Volk, es entscheidet sich daran, ob es die besondere Partikularität Israels zu achten versteht.

 

Dass die christliche Kirche sich nicht an die Stelle Israels setzen darf, sondern dass Israel bleibend von Gott erwählt ist, hat sie inzwischen gelernt. Für die römisch-katholische Kirche hat sich das vor 50 Jahren auf dem zweiten Vatikanischen Konzil in der Erklärung Nostra aetate 4 niedergeschlagen. Für die evangelischen Kirchen ist das komplizierter, da sie nicht zentralistisch organisiert sind. Für die evangelischen Landeskirchen in Deutschland kann festgestellt werden: Sie haben inzwischen fast alle eindeutige Synodalbeschlüsse gefasst, die die bleibende Erwählung Israels festhalten. Und eine ganze Reihe von ihnen, darunter auch die rheinische und die westfälische, haben das in ihre Grundordnungen eingeschrieben. Damit wird dokumentiert, dass ein von dieser Einsicht bestimmtes Verhältnis zum Judentum für Christinnen und Christen kein Randthema ist, sondern wesentlich zu ihrer Identität gehört. Das aber muss weitere Folgerungen haben.
 

Wird die Aussage von der bleibenden Erwählung Israels zu Ende gedacht, schließt das die Absage an Judenmission ein. Diese Einsicht ist noch nicht ganz durchgedrungen. Im ka-tholischen Bereich gab es in dieser Hinsicht eine massive Irritation aufgrund der Zulassung des alten lateinischen Ritus zum Karfreitag mit eigener Neuformulierung der Bitte „Für die Bekehrung der Juden“ durch Papst Benedikt XVI., auch wenn dieser Ritus nur selten Anwen-dung finden dürfte. Auf der evangelischen Seite sind es gerade israelfreundliche evangelikale Gruppen, die Judenmission propagieren. Die Synode meiner westfälischen Landeskirche hat 1999 in aller Klarheit formuliert und beschlossen: „Diese Einsichten (die vorher in diesem Beschluss genannt wurden) lassen nicht zu, dass Christen Juden auf den christlichen Glauben verpflichten wollen. Deshalb distanziert sich die Landessynode der EKvW von jeglicher Ju-denmission. Nicht Mission an Israel, sondern das Gespräch mit Israel ist Christinnen und Christen geboten." Ich füge hinzu: Und in diesem Gespräch ist es ihnen zuerst und vor allem geboten, auf jüdisches Zeugnis zu hören.
 

Hanspeter Heinz, der am 8. März d.J. mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet worden ist, hat im diesjährigen Themenheft der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit eine „theologische Gretchenfrage“ formuliert und dabei beobachtet: „Vor der theologischen Gretchenfrage scheuen katholische und evangelische Kirche immer noch zurück: Wie haltet ihr Christen es mit dem Nein Israels zu Jesus Christus?“ Er meint dann weiter, solange Christen und Kirchen dazu „nicht ein positives, theologisch fundiertes Verhältnis gewinnen, klafft in unserer Beziehung zu den Juden eine tiefe, offene Wunde“. Ich will versuchen, auf diese Frage einzugehen. Die christlichen Kirchen beziehen sich in ihrem Glauben und Handeln nicht auf einen philosophisch definierten Gott, sondern auf den in der Bibel bezeugten lebendigen Gott. Der gilt selbstverständlich als der eine Gott, der Schöpfer von Himmel und Erde und so auch als der Gott aller Welt – aber eben nicht als ein „Allerweltsgott“, sondern in sehr bestimmter Weise als „der Gott Israels“, dem es gefallen hat und weiter gefällt, mit dem jüdischen Volk eine besondere Bundesgeschichte zu haben. So wird Gott in der jüdischen Bibel, die in der christlichen Kirche zum Alten Testament geworden ist, häufig als „der Gott Israels“ bezeichnet; und diese Bezeichnung begegnet auch im Neuen Testament. Das ist alles andere als verwunderlich. Denn die neutestamentlichen Autoren waren ja auf den in ihrer Bi-bel bezeugten Gott bezogen. Diese Bibel war ihre Basis, bildete ihren Sprachraum und ihren Wahrheitsraum. Mit ihr schrieben sie und bezeugten ihrerseits, dass dieser Gott Israels im Reden, Handeln und Erleiden Jesu zu Wort und Wirkung kam. Aber dieses Bewusstsein, dass es um Israels Gott geht – und wenn um Gott, dann immer auch um Israel –, ist in der auf Jesus bezogenen Gemeinschaft, als sie ab dem 2. Jahrhundert zur christlichen Kirche wurde, verlo-ren gegangen. Die auf Jesus bezogene messianische Verkündigung in den Synagogen der Mit-telmeerwelt konnte in ihrer Anfangszeit Jüdinnen und Juden für sich gewinnen, aber nicht die Mehrheit überzeugen, die für ihre Ablehnung Gründe hatte. Diese Verkündigung erwies sich aber als attraktiv für nichtjüdische Sympathisanten im Umkreis der Synagogen, die sogenann-ten Gottesverehrer. Weil es um diese Verkündigung Streit und Auseinandersetzungen gab, trafen sich die von ihr Gewonnenen auch unter sich privat. Man darf das nicht im Sinne eines Austritts aus der Synagoge verstehen. Einschlägige Stellen im Neuen Testament zeigen signi-fikant, dass sich an Jesus als Messias glaubende Jüdinnen und Juden nach wie vor nicht nur als der Synagoge angehörig fühlten, sondern sich auch dort selbstverständlich aufhielten, und dass Auseinandersetzungen als innerjüdische verstanden wurden. Das wird ab dem 2. Jahr-hundert anders. Ich kann das jetzt nicht im Einzelnen nachzeichnen, sondern nur grob das Ergebnis nennen: Aus den Auseinandersetzungen werden Gegensätze. Zugleich nimmt der Anteil nichtjüdischer Menschen in der auf Jesus bezogenen Gemeinschaft zu. Sie grenzt sich in ihrer Lebensweise vom Judentum ab und macht es so Jüdinnen und Juden in ihr unmöglich, jüdisch zu leben und also ihre jüdische Identität zu behalten. So entsteht das Christentum im Gegensatz zum Judentum und usurpiert für sich, das „wahre Israel“ zu sein. Damit ging aber auch die Erkennbarkeit Gottes als des Gottes Israels in ihr verloren.
 

Von daher ist meine Antwort auf die von Hanspeter Heinz gestellte „theologische Gretchenfrage“ nach einem positiven christlichen Verhältnis zum jüdischen Nein gegenüber Jesus als Messias: Ich kann und darf es um Gottes willen nicht wollen, dass Juden Christen werden und also nicht Juden bleiben, genauer: um der Erkennbarkeit Gottes als des Gottes Israels willen. Wenn Gott nach dem gesamtbiblischen Zeugnis „der Gott Israels“ ist, ist und bleibt er das nur zusammen mit dem jüdischen Volk und nicht ohne es und ist und bleibt er als solcher nur erkennbar im jüdischen Zeugnis in Geschichte und Gegenwart. Die Situation im 1. Jahr-hundert war insofern völlig anders, als ein Jude, der zum Glauben an Jesus als Messias kam, damit nach seinem eigenen und dem Verständnis seiner Zeitgenossen nicht aus dem Judentum austrat und zu einer anderen Religionsgemeinschaft übertrat, sondern diesen Glauben als Jude hatte.
 

Die ab dem 2. Jahrhundert entstehende christliche Kirche ist nicht mehr wie die auf Jesus bezogene Gemeinschaft im 1. Jahrhundert eine Gemeinde aus Juden und Menschen aus den Völkern, sondern nur noch Völkerkirche. Das gilt ganz unabhängig davon, wieviel geborene Jüdinnen und Juden es in ihr gibt, da diese als Christinnen und Christen nicht mehr ihre frühe-re jüdische Identität leben können und dürfen. Die Nur-Völkerkirche ist, wie zahlreich sie auch geworden sein mag, selbst partikular. Als partikulare Nur-Völkerkirche ist sie auf Israel verwiesen, wenn sie denn an dem in ihren biblischen Grundlagen bezeugten Gott festhalten will.
 

Sie sollte daher die Aufforderung des Paulus beherzigen, die er seiner römischen Adressatenschaft als Menschen aus der Völkerwelt mit einem Zitat aus seiner Bibel gibt (5. Mose 32,43): „Freut euch, ihr Völker, mit seinem Volk!“ (Röm 15,10) Das ist der bescheidene, aber völlig zureichende Platz, der der Kirche aus den Völkern zukommt, an dem sie kein Unheil anrichten wird. Sie sollte bewusst ihre Partikularität wahrnehmen und annehmen, dass sie nur Kirche aus den Völkern ist, und nicht in universaler Überspanntheit meinen, schon das Ziel der Geschichte und Heilsgeschichte zu sein. Was eine christliche Schrift der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts, der Barnabasbrief, entschieden in Abrede stellen will, dass „wir“ „Hinzuge-kommene“ seien (Barn 3,6), gilt es schlicht zu akzeptieren – hinzugekommen zu dem biblisch bezeugten Gott durch die auf Jesus bezogene Verkündigung.
 

In dem schon zweimal angeführten diesjährigen Themenheft verweist Hans Maaß nach schönen biblischen Meditationen zum Weg-Motiv auf einen Vers des Neuen Testaments mit einer höchst problematischen Wirkungsgeschichte: „Ein Vers aus dem Johannesevangelium vom ‚Weg‘ hat allerdings jahrhundertelang das Klima zwischen Juden und Christen vergiftet“, nämlich der Vers Joh 14,6, nach dem Jesus sagt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ Er wird in der Tat bis in neuere Kommentare hinein exklusiv verstanden und ausgelegt. Man muss jedoch ihm gegenüber nicht nur auf Franz Rosenzweig verweisen, der in seinem Brief an seinen zum Christentum konvertierten Vetter Rudolf Ehrenberg vom 1.11.1913 zunächst gelassen einräumt: „Was Christus und seine Kirche in der Welt bedeuten, darüber sind wir einig: es kommt niemand zum Vater denn durch ihn.“ Aber dann nimmt er das Zitat mit bestimmter Betonung noch einmal auf: „Es kommt niemand zum Vater“, um nach einem Gedankenstrich fortzufahren: „anders aber, wenn einer nicht mehr zum Vater zu kommen braucht, weil er schon bei ihm ist. Und dies ist nun der Fall des Volkes Israel (nicht des einzelnen Juden).“ Man kann den Vers auch anders als exklusiv auslegen. Im griechischen Text des zweiten Satzes steht eine doppelte Verneinung: „Niemand kommt zum Vater, wenn nicht durch mich.“ Eine doppelte Vernei-nung hat die Funktion einer ganz starken Bejahung; gemeint ist: „Bei mir seid ihr nicht auf dem Holzweg; durch mich kommt ihr ganz bestimmt zum Vater.“ Das passt zum Kontext. Denn der johanneische Jesus macht diese Aussage nicht gegenüber Außenstehenden, sondern gegenüber seiner verunsicherten Schülerschaft. Indem der Evangelist Jesus so reden lässt, vergewissert er seine angefochtene Gemeinde, dass sie mit Jesus auf dem rechten Weg ist, der zum Ziel führen wird. Bei dem ersten Satz: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Le-ben“ ist zu beachten, dass hier drei Begriffe stehen, dass die „Wahrheit“ umschlossen ist von „Weg“ am Anfang und „Leben“ am Schluss. Von daher ist „Wahrheit“ nicht im Sinn griechi-scher Philosophie, sondern biblisch zu verstehen. Da hat sie vor allem die Bedeutungen von Verlässlichkeit und Treue. Wahrheit ist, was sich als verlässlich erweist, worauf man sich verlassen kann, Wahrheit ist, was sich bewährt. Auf diesen Zusammenhang weist ja auch die deutsche Etymologie hin. Und so wird in diesem Wort zugesagt: Der von Jesus gewiesene und sich an Jesus orientierende Weg wird sich schon bewähren, wird sich darin als wahr und wirklich erweisen, dass er Leben eröffnet und ermöglicht. In der kommentierten Ausgabe der Einheitsübersetzung wird zu dieser Aussage Jesu angemerkt: „Jesus ist und offenbart die Wahrheit, er schenkt das Leben und ist so der Weg, auf dem der Mensch zu Gott kommt.“ Aber hier ist die Reihenfolge vertauscht, der am Anfang stehende Weg an den Schluss gesetzt worden und die Wahrheit an den Anfang. Damit wurde die Wahrheit statisch gemacht, „fest-gesetzt“. Der Weg jedoch steht voran und damit dynamisiert er die Wahrheit. Wahrheit ist, was sich unterwegs bewährt und so wirklich leben lässt. Und zum Leben gehört immer auch dazu: „das Leben der anderen“. Denn wenn Wahrheit das ist, was sich als Leben ermög-lichend und Leben fördernd bewährt, wenn Wahrheit ist, dass Gott ein Gott des Lebens ist, dann kann und darf es nicht nur um mein Leben, dann kann und darf es nicht nur um das Leben der eigenen Gemeinschaft gehen. Das ist selbstverständlich nicht so zu verstehen, dass die anderen für sich annehmen müssten, was sich der eigenen Gemeinschaft als sie tragende und haltende Wahrheit ergeben hat. Aber diese Wahrheit darf nicht für die anderen zum Schlech-ten, sondern sollte zum Guten für sie ausschlagen. Wahrheit hat demnach immer auch ihr Kriterium im Leben der anderen und muss sich so unterwegs immer neu erweisen.
 

Schluss: Auf dem Weg zu einer biblischen Ökumene?
Heinz Kremers, ein Pionier des christlich-jüdischen Gesprächs, der Wegbereiter des Beschlusses der Evangelischen Kirche im Rheinland „Zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden“ von 1980, hatte schon vor drei Jahrzehnten die „Vorstellung …, daß das Ziel der jüdisch-christlichen Arbeit im ‚ökumenischen Dialog‘ liegen müsse, der nicht iden-tisch ist mit dem interreligiösen Dialog“. Er meinte, als Christen stünden „wir jetzt vor der Aufgabe der innerbiblischen Ökumene mit den Juden, die in der Einheit Gottes gemäß dem biblischen Zeugnis begründet ist.“ Diese These von der „biblischen Ökumene“ könnte verein-nahmend und unaufhebbare Grenzen verwischend klingen. So war es von Heinz Kremers gewiss nicht gemeint. Er wollte damit der einmaligen Besonderheit im Verhältnis des Christen-tums zum Judentum Ausdruck geben. Sie ist in dem religionsgeschichtlich analogielosen Um-stand begründet, dass der erste Teil der christlichen Bibel zuvor und zugleich heilige Schrift des Judentums war und ist. Es ist gewiss richtig, dass die beiderseitigen Schriftgrundlagen nicht identisch sind. Dabei ist es nicht nur so, dass Christen eben zusätzlich das Neue Testament haben, sondern auch das Alte Testament entspricht nicht einfach der jüdischen Bibel. Es hat eine teilweise andere Reihenfolge und – bei der Mehrheit der christlichen Kirchen – auch einen größeren Umfang. Dennoch bleibt es dabei, dass die gesamte jüdische Bibel ein großer Teil der christlichen Bibel ist. Und das ist nicht nur eine formale Feststellung. Damit ist vorgegeben, dass es auch beim Reden von Gott im Neuen Testament um den in der jüdischen Bibel bezeugten Gott Israels geht. Darauf habe ich im vorigen Abschnitt hingewiesen. Wenn Christen und Kirchen diese Vorgabe von der Einheit Gottes als des Gottes Israels wahrneh-men und bewähren und den antijüdischen Schutt in ihrer Tradition wirklich abräumen, wäre das eine gute Voraussetzung für ein fruchtbares und weiterführendes Gespräch mit dem jüdischen Partner. Es gibt sicherlich anstehende Aufgaben in unserer Gesellschaft und Welt, die von Juden und Christen auch ohne jede theologische Reflexion angepackt werden können. Aber wenn sie sich Rechenschaft darüber geben, warum sie als Juden und als Christen so handeln, dann werden sie auf ihre kanonischen Grundlagen und ihre jeweiligen Auslegungen zurück verwiesen.

 

Was ich mir erhoffe, ist etwas sehr Schlichtes und Elementares, aber vielleicht auch Folgenreiches: ein gemeinsames Studieren der heiligen Schriften, ein gemeinsames Lernen aus ihnen, in das die jeweils unterschiedlichen Traditionen eingebracht werden. Dass das möglich ist, zeigen anfangshaft die jüdisch-christlichen Dialogbibelarbeiten auf Kirchentagen und Ka-tholikentagen. Aber das könnte intensiviert und vor allem auch verbreitert werden in die Ge-meinden hinein. In dieses Gespräch werde ich selbstverständlich als jemand hineingehen, der von der eigenen Tradition herkommt und davon geprägt ist, was sich in ihr bewährt hat und deshalb als Wahrheit gilt. Aber das ist nicht etwas ein für alle Mal Feststehendes, sondern der erneuten Bewährung im Miteinander mit den anderen Auszusetzendes. Dabei bleibt offen, wie es sich weiter bewährt, in welcher Weise es sich verändert und doch vielleicht gerade und nur in der Veränderung dasselbe bleibt. Vielleicht kann sich dann im gemeinsamen Lernen, im Lernen miteinander und voneinander, so etwas wie eine „biblische Ökumene“ zwischen Juden und Christen ergeben, in der die bleibenden Unterschiede unverwischt stehen gelassen und respektiert werden, aber doch ein an die Bibel gebundenes und von ihr inspiriertes, sich ge-genseitig achtendes und bereicherndes Leben und Handeln im Miteinander möglich wird. Auch hier gilt: Im Gehen entsteht der Weg. Manchmal muss man wohl einfach nur losgehen; ein Weg wird sich schon finden.
 

 

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