GESELLSCHAFT
FÜR CHRISTLICH-JÜDISCHE ZUSAMMENARBEIT
in Essen e.V.
10. September 2012
Neujahrsgruß an die
Jüdische Kultus-Gemeinde Essen
Rosch HaSchana 5772/5773
Zu Rosch HaSchana, dem jüdischen Neujahr, dürfen wir der Jüdischen Kultus-Gemeinde in Essen als Vorstand der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit e.V. die besten Wünsche übermitteln.
Erneut dürfen wir uns für die freundliche und gute Zusammenarbeit, vor allem wie sie sich in der jährlich stattfindenden Woche der Brüderlichkeit als kleine Tradition etabliert hat, rückblickend bedanken.
Am Jahreswechsel 5772/5773 sind in diesem Land und seinem Verhältnis zu den hier lebenden Juden allerdings deutlich disharmonische Töne zu hören.
Der öffentliche Streit um die sog. Beschneidungsfrage hat in Folge des Kölner Landgerichtsurteils Töne und Meinungen vernehmbar werden lassen, wie sie doch überraschen bis schockieren. Die Möglichkeit von öffentlicher und auch staatlicher Seite im Namen eines „mehr“ an Kinderfreundlichkeit tief, ja substantiell in die religiösen Traditionen des Judentums einzugreifen, schien nicht vorstellbar. Weit über juristische Kontroversen hinaus, haben wir es hier sowohl mit Grundfragen der Religionsfreiheit zu tun, wie auch mit einer gesellschaftlichen Stimmung, die sich meint nun als dem Judentum gegenüber „humanere“ aufspielen zu können. Die Verbreitung gerade dieser öffentlich wahrnehmbaren Haltung ist erschreckend. Wie im christlich-jüdischen Gespräch theologisch zu lernen war, dass Kirchen und Christen nicht als das neue (bessere) Israel anzusehen sind, so wenig können die Missionare des Säkularismus als das den Juden gegenüber scheinbar aufgeklärtere, „bessere“ oder “andere“ Deutschland gelten.
Als Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit e.V. sind wir nicht gewillt, diese Selbsterhebung gegenüber den Juden unwidersprochen zu lassen.
Karl H. Klein-Rusteberg
Geschäftsführer im Namen des Vorstands