DIE KIRCHE VOR DER ISRAELFRAGE - 2
Unter gleichem Titel diskutierten Professor Klaus Wengst und Dr. Volker Haarmann im Oktober 2011 im Essener Haus der Evangelischen Kirche, anlässlich der Veröffentlichung eines wegen seiner Israelhaltung umstrittenen Beitrags aus dem Deutschen Pfarrerblatt.
Wir greifen aktuell unter gleicher Themenstellung Diskussionen über das Verhältnis protestantischer Kirche zum Staat Israel auf:
Vom 5. bis 8. November 2012 fand in Jerusalem eine internationale Konferenz zum Verhältnis protestantischer Kirchen zum Staat Israel statt. Die Konferenz hat sich kritisch mit den internationalen Entwicklungen in protestantischen Kirchen in ihrem Verhältnis zum jüdischen Staat befasst.
Pfr. Albrecht Lohrbächer, evangelischer Theologe, Vorsitzender des Fördervereins ehemalige Synagoge Hemsbach e.V., sowie langjährig aktiv im Freundeskreis Kirche und Israel in Baden e.V. und verantwortlich für Israel-Info, hat an der Konferenz in Jerusalem teilgenommen. Er wird am 30. Januar 2013 (um 18:30 Uhr im Haus der Evangelischen Kirche, siehe auch Veranstaltungen) über die Konferenz und die daraus entstandene Abschlusserklärung berichten und diskutieren.
Dr. Volker Haarmann, Beauftragter der Evangelischen Kirche im Rheinland für das christlich-jüdische Gespräch, ist an diesem Abend Gesprächspartner von Albrecht Lohrbächer.
Pfr. Markus Heitkämper, evangelischer Vorsitzender der Essener Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit e.V., wird das Gespräch moderieren.
Über den link http://www.pcime.org/ können Sie die Jerusalemer Abschlusserklärung unterzeichnen.
Weitere Berichte:
http://www.jpost.com/Opinion/Editorials/Article.aspx?id=294776
http://www.jpost.com/JewishWorld/JewishNews/Article.aspx?id=290739
http://www.timesofisrael.com/at-interfaith-meet-in-jerusalem-a-grim-picture-of-jewish-protestant-relations/
Abschlusserklärung der Tagung in Jerusalem vom 5. - 8. November 2012
zur Haltung großer Protestantischer Kirchen gegenüber dem Staat Israel
Jerusalem Declaration
Wir gehören zu verschiedenen Kirchen in Europa, Nord Amerika und Afrika. Wir sind nach Jerusalem gekommen, um unserer gemeinsamen Sorge über den Zustand der Beziehungen zwischen unseren Kirchen und Israel Ausdruck zu verleihen. Wir bekräftigen unsere Liebe zu Israel. Wir glauben, dass Gott zu seinem Bund mit den Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs steht. Gott wollte sie segnen und durch sie auch andere segnen. Wir lehnen die „Substitutionstheologie” ab, die behauptet, Israel habe keinen Platz mehr in Gottes Plan.
Wir sehen im modernen Staat Israel ein Zeichen der Hoffnung. In einer Region, die lange von starren Autokraten beherrscht wurde, sticht Israel hervor als stabile, pluralistische Mehrparteiendemokratie. Israels Bürger dürfen frei Fehler und Schwächen ihrer Regierungen kritisieren, und es gibt Mechanismen, um solche Fehler zu korrigieren. In unserer Gruppe haben wir miterlebt, wie offen Israelis über Klugheit oder Unklugheit von Regierungsentscheidungen diskutieren. Die Neigung zur Selbstkritik ist ein Erbe prophetischer Traditionen, die Juden und Christen verbindet.
Unsere Liebe zu Israel steht nicht im Widerspruch zu unserer Liebe zu anderen Völkern in der Region, einschließlich der Palästinenser. Sie alle haben einen Platz in Gottes Herzen. Wir sind überzeugt, dass es möglich ist, Gerechtigkeit und Frieden zu schaffen und dabei die Rechte und Bedürfnisse aller Völker dieser Gegend zu achten und zu wahren.
Uns bedrückt zutiefst die Art und Weise, wie bestimmte offizielle europäische und nordamerikanische Kirchenvertreter die israelisch-palästinensischen Auseinandersetzungen erörtern, als ginge es um ein Nullsummenspiel. Sie lassen sich in die internationale Kampagne einspannen, die vorgibt, den Palästinensern zu helfen, indem sie Israel delegitimiert. Sie fördern auch die radikale “Kairos-Palästina”-Gruppe, die von allen am Konflikt beteiligten Parteien einzig Israel verurteilt und eine „Ein-Staaten-Lösung” befürwortet. Allein Israel wird zum Ziel von Boykott, von Ausgrenzung und Sanktionen gemacht. Diese Sicht- und Handlungsweise ist ungerecht und der Sache des Friedens nicht dienlich.
Ob beabsichtigt oder nicht, diese Strategie bestärkt diejenigen Kräfte, die sich geschworen haben, Israel zu vernichten – Kräfte, die täglich israelische Zivilisten mit Raketen angreifen. Wir fürchten, dass diese Haltung nicht durch christliche Nächstenliebe bestimmt ist, sondern eher durch das Gegenteil. Wir bitten die eifrigen Verfechter solcher Strategien, ihr Gewissen in diese Richtung zu erforschen.
Wir betrachten inzwischen die Feindseligkeit gegenüber Israel im Rahmen eines größeren Zusammenhangs. Die Kräfte, die die Existenz eines israelischen Staates nicht dulden wollen, treten mit derselben intoleranten Schärfe auch gegenüber anderen religiösen und ethnischen Minderheiten im Nahen Osten auf. Wir haben unter anderem Berichte koptischer Christen aus Ägypten und assyrischer Christen aus dem Irak gehört, die von ihren Leiden unter aggressiven islamistischen Bewegungen erzählten. Im Gegensatz dazu haben uns hochrangige und glaubwürdige Kirchenvertreter in Jerusalem versichert, dass die christlichen Bürger Israels trotz gelegentlicher Reibungen mit einigen ihrer Nachbarn alle Bürgerrechte und einen guten Lebensstandard genießen.
Die Zukunft der 2000 Jahre alten christlichen Gemeinden und die Zukunft des Pluralismus stehen heute im Nahen Osten auf dem Spiel. Wir können es uns nicht leisten, unsere Augen vor den größeren Zusammenhängen zu verschließen, in denen die Konflikte um Israel zu sehen sind. Wir stehen aus voller Überzeugung hinter Israel und dem jüdischen Volk – genau wie wir hinter den verfolgten Christen und anderen Minderheiten der Region stehen. Wir sind den christlichen Würdenträgern dankbar, dass sie uns empfangen haben und werden sie und ihre Gemeinschaften in unsere Gebete einschließen.