MAN WIRD DOCH NOCH VERGLEICHEN DÜRFEN......

Artikel veröffentlicht: 28.10.2012, 13:37 Uhr

Wir danken dem Autor, Alan Posener, für die Zustimmung zur Veröffentlichung, kr

 

DIE WELT

http://www.welt.de/print/die_welt/kultur/article110306703/Propaganda-in-den-Kirchen.html

27. Oktober 2012

Propaganda in den Kirchen

Kommentar

Alan Posener

 

Seit 2008 tourt eine Ausstellung durch deutsche Kirchen und Gemeindehäuser. "Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser" wurde bereits an über 80 Orten gezeigt und von Hunderttausenden besucht. Den Ausstellungsmachern gehe es darum, den "Kampf der Opfer gegen die Tätersicht" zu unterstützen, heißt es in einem Bericht der "Neuen Rheinischen Zeitung" (NRZ) über die Ausstellungseröffnung in Köln. Opfer sind – klar – die Araber. Täter sind – klar – die Juden. Finanziert wurde die Schau vom Evangelischen Entwicklungsdienst und von der Stiftung Entwicklungszusammenarbeit des damals von der CDU geführten Landes Baden-Württemberg.

"Mit großer Sorge und Skepsis" wandte sich ein "Arbeitskreis Israel/Palästina" unter dem Vorsitz des Kölner Oberbürgermeisters Jürgen Roters (SPD) gegen diese Schwarz-Weiß-Sicht. Es fehle "jeder Hinweis auf die Verstrickung palästinensischer Führer mit dem Naziregime in Deutschland". Ebenso wenig werde der "massive und lebensbedrohliche Antisemitismus in vielen arabischen Ländern" thematisiert, der nach 1948 "zu einer gewalttätigen Vertreibung Hunderttausender Juden aus ihren angestammten Heimatorten führte". Eine "kritische Auseinandersetzung mit der Behandlung der palästinensischen Flüchtlinge durch die umliegenden Staaten" suche man ebenso vergeblich wie "Hinweise auf palästinensischen Terrorismus, arabische Vernichtungsdrohungen und iranische Endlösungsrhetorik." Kurzum: "Die Ausstellung bietet zwar eine Fülle wichtiger Informationen, die jedoch … leicht als einseitige Schuldzuweisungen an Israel und den Zionismus verstanden werden können."

Für die "NRZ", die gern mit ihrem – jüdischen – Gründer Karl Marx angibt, sind solche "Fundamentaleinwände" unsinnig: "Als ob es nicht klar wäre, wer wen vertrieben und damit für die palästinensische 'Katastrophe' verantwortlich ist. Niemals käme jemand auf die Idee, einen ähnlichen Satz in Sachen Holocaust zu formulieren und von einseitigen Schuldzuweisungen an Hitler und den Nationalsozialismus zu sprechen." Allerdings! Und niemand, der nicht zutiefst antisemitisch denkt und fühlt, würde Israelis und Nationalsozialisten gleichsetzen, wie die "NRZ" es tut. Genau diese Sichtweise will auch die von Christen gesponserte "Nakba"-Propagandaschau fördern. Unterstützt wird sie neuerdings unter anderen von Norbert Blüm, Alfred Grosser, Günter Grass, Stéphane Hessel, Peter Scholl-Latour und Jean Ziegler. Die Prominenten wollten mit ihrer Erklärung "gegen die permanente Antisemitismusdebatte" protestieren, die "vor allem von deutsch-israelischen und christlich-jüdischen Gesellschaften, jüdischen Gemeinden und aus Kreisen der Linken getragen wird", erklärt die Ausstellungsmacherin Ingrid Rumpf. Genau. Es wird höchste Zeit, dass man in Kirchen und Gemeindehäusern Juden mit Nazis vergleichen darf, ohne gleich als Antisemit dazustehen. Wo leben wir eigentlich?

 

alan.posener@welt.de (Link: mailto:alan.posener@welt.de)


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